Wir Finnen sind alle aus dem gleichen Holz. Versteht man einen von uns, versteht man eigentlich alle. Kimi Räikkönen ist ein Bilderbuch-Finne.
Der Titel, den er Sonntag gewann, übertrifft für uns alles bisher Erreichte. Kimis WM ist das Größte aller Zeiten im finnischen Motorsport, weil sie so unerwartet kam. Aus einer fast unmöglichen Ausgangsposition. Von hinter dem Baum, wie wir sagen.
Hinter den Bäumen werden bei uns immer wieder neue Starpiloten geboren. Die Rutschgefahr im Winter und der vom Bodenfrost misshandelte Asphalt im Sommer feilen ganz natürlich an den Fahrkünsten der Finnen. Dazu kommt „Sisu“ – fertig ist das Erfolgsrezept.
„Sisu“ ist sehr schwer zu übersetzen. In „Sisu“ steckt der Kampfgeist, mit dem David Goliath besiegte. „Sisu“ ist eine Kraft, wie eine Schleuder, mit der du Riesen schlägst.
Finnische Nachwuchs-Fahrer haben viele Hürden vor sich – angefangen von finanziellen Sorgen. Mit „Sisu“, Herz und Talent nehmen sie ihre Hürden.
Kommen wir zu Kimi.
Ich habe oft geschrieben: Gäbe es kein Unglück, hätte er überhaupt kein Glück. Seit Sonntag ist alles anders. All das verlorene Glück fand auf einmal zurück zu Kimi.
Unsere ganzes Volk ist jetzt beseelt, betrunken von diesem Glück.
Räikkönen widmete den Titel seinen Eltern und seiner Frau. Mutter Paula und Vater Matti schauten sich das Rennen in der Luxusvilla von Kimi und Jenni an, wo sie als eine Art Hausmeister tätig sind.
Die Mutter zitterte so sehr während des Rennens, dass sie in einem anderen Zimmer vor dem Fernseher saß als Matti, der ganz ruhig alles verfolgte.
Zur Feier des Tages ließ sich der grauhaarige Matti Räikkönen kahl rasieren – zum dritten Mal. Jedes Mal geschah das bei einem neuen großen Schritt in der Karriere seines Sohnes.
Als Weltmeister wird Kimi noch bekannter werden, im Finnischen nennt man das ein „öffentliches Tier“. Er wird nie wieder seine Ruhe haben. Aus lauter Selbstschutz wird er noch mehr in sich gekehrt sein.
Wenn er für sich ist, mit Kumpels, weg vom Formel-1-Käfig, dann ist Kimi lustig, frech, liebt seine Späße. Was haben wir vom privaten Kimi schon für Geschichten gehört...
Wenn es aber Ernst wird, an der Strecke, bei der Arbeit, dann führt der Weg zu seiner Seele über seine Körpersprache. Ganz besonders über die Augen.
Wenn ein Rennen schlecht lief, kann man in den Augen eine apathische Leere sehen. Aber an einem Tag wie jetzt Sonntag, da siehst du, wie sehr Kimi das Leben liebt.