Vergangene Woche konnte man den Eindruck gewinnen, jeden Tag geht eine prominente Beziehung kaputt. Von außen betrachtet wirkten alle Fälle ganz unterschiedlich.
Vielleicht haben sie aber eine Gemeinsamkeit: Liebe stirbt nicht von heute auf morgen, sondern in kleinen Schritten. BILD am SONNTAG bat Regisseur Dieter Wedel, als Meister des Dramas, zu beschreiben: Wie stirbt Liebe, wenn ein Dritter im Spiel ist?
Bei Gefühlen und in der Liebe gibt es keinen programmierten Ablauf. Den einen überrollt es unvorbereitet, bei anderen schwelt die Unzufriedenheit schon länger, und es fehlt nur noch ein kleiner Anstoß.
Doch im Grunde scheitern viele der Beziehungen auf ähnliche Art und Weise.
Akt 1: Die Beziehung wird zur Gewohnheit
Der Alltag hat die lodernde Liebe erstickt und die Gewöhnung die Sexualität zur einschläfernden Hausmannskost verkommen lassen. Die enttäuschende Erkenntnis, dass nicht alle Blütenträume gereift sind, führt irgendwann zu der Frage: „War’s das schon? Kommt jetzt im Leben nichts mehr?“ Menschen verändern sich, nicht nur der Partner, auch man selbst: Man altert – und fragt sich manchmal: ist man noch liebens- und begehrenswert?
Akt 2: Blicke für Neues
Bei der Arbeit oder einer Feier begegnet man jemandem und findet ihn sympathisch und anziehend. Vielleicht kennt
man ihn schon länger, aber jetzt fällt es einem plötzlich auf,
wie sehr er einem gefällt.
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Akt 3: Der/die andere geht einem nicht mehr aus dem Kopf
Voller Verwunderung stellt man fest, dass man öfter an diese Begegnung denkt. Man fühlt sich zu dem Betreffenden hingezogen.
Akt 4: Das Interesse füreinander ist gegenseitig
Obwohl es zu einem erneuten Treffen kommt, ob zufällig oder verabredet, ist alles noch ganz harmlos. Was ist schon dabei, wenn man sich freut zu entdecken, dass jemand, für die/den man sich interessiert, einem ebenfalls großes Interesse entgegenzubringen scheint? Die Blicke des anderen schmeicheln der Eitelkeit. Man kann wunderbar miteinander reden.
Akt 5: Die kritische Beobachtung des Partners nimmt zu
Wie interessiert, wie mitfühlend ist doch die/der andere auf die eigenen Gedanken, Sorgen, Hoffnungen eingegangen! Im Gegensatz zum Partner, der nie Zeit zu haben scheint.
Akt 6: Argumente gegen den Partner
Vielleicht unbewusst fängt man an, Argumente gegen den bisherigen Partner zu sammeln. Was kümmert er sich auch so wenig? Warum bemüht er sich nicht mehr?
Akt 7: Treffen, die zu Hause verschwiegen werden
Man trifft sich wieder mit der/dem Neuen. Heimlich! Zu einem Kaffee. Da ist doch nun wirklich nichts dabei! Hatte man nicht in der bisherigen Beziehung vereinbart, sich immer Luft zum Atmen zu lassen und sich nie gegenseitig einzuengen?
Akt 8: Das prickelnde Gefühl ist wieder da!
Bei diesem heimlichen Treffen im Café fühlt man sich wie ein Versuchskaninchen: Man beobachtet sich selbst. Wie sind meine Gefühle? Das ist alles sehr prickelnd. Noch hat man sich nicht das Geringste vorzuwerfen und nichts vergeben. Man kann jederzeit davonlaufen.
Akt 9: Die ersten Ausreden
Von Lügen kann bisher noch keine Rede sein, lediglich von kleinen Schwindeleien. Man erzählt nicht alles, sagt nicht alles, aber das hat doch nichts mit Lügen zu tun!
Akt 10: Die letzte Chance zur Notbremsung
Die Spannungen und Streitigkeiten zu Hause nehmen zu. Man reagiert gereizt und aggressiv auf den bisherigen Partner. Man ist beunruhigt, wie sehr die neue Begegnung Gedanken und Träume zu beherrschen beginnt.
Spätestens jetzt wäre es an der Zeit, die Notbremse zu ziehen, wenn man die alte Beziehung nicht gefährden will. Man weiß, wenn man so weitermacht, schafft man Probleme. Man wird einen Menschen, den man bisher sehr geliebt hat, verletzen und ihm wehtun. Ist es das wert? Oder ist es mir egal? Oder habe ich das Gefühl, dass er – im Gegenteil – durch sein liebloses und zänkisches Verhalten mir genügend Anlass liefert, ihn zu hintergehen?
Akt 11: Der Seitensprung
Es kommt zu Zärtlichkeiten mit der/dem Neuen. Alles ist wieder aufregend! Man fühlt sich wie neu geboren! Ganz jung! Es ist so schön, dass man noch liebenswürdig und begehrenswert und lebendig ist! So voller Glut und Leidenschaft! Eine wunderbare Entdeckung. Das war es doch wert! Man hat noch immer den Eindruck, das Heft in der Hand zu haben, jederzeit die Affäre beenden und wieder zurück zu können. Die Heimlichkeiten und Lügen haben den süßen Reiz des Verbotenen.
Akt 12: Der Anfang vom Ende
Der Partner ist misstrauisch. Er riecht ein fremdes Parfüm oder spürt, dass man bei seiner zärtlichen Umarmung sich rasch zu entziehen versucht. Die Lügen fliegen auf. Die Gespräche werden zu lästigen Verhören. Man fühlt sich in die Ecke gedrängt und schlägt um sich. Aber schließlich bleibt einem nichts anderes übrig, als den Betrug einzugestehen. Im Fernsehen kommt dann regelmäßig der Standardsatz: „Wir müssen reden!“
Es ist wie ein kleiner Tod.
Akt 13: Die Trennung
Es kommt zur Trennung – entweder von
der neuen Liebe oder von der alten Beziehung. Vielleicht ist es die Erkenntnis, dass Menschen sterben müssen, dass einem bewusst wird: Das Leben vergeht, und ich muss die Zeit nutzen, jede neue Chance ergreifen, die es einem ermöglicht, einen Neuanfang zu wagen. Und dafür das Vertraute, Verlässliche, den sicheren Boden unter den Füßen aufzugeben.